Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim

Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim - Aus Briefen und gleichzeitigen Quellen; nebst Gedichten und Anderm von Lenz und Göthe

Das Sesenheimer Idyll, Gthes und Friederickes Liebe, hat von jeher die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich gezogen und bei mancher empfindsamen Seele das tiefste Mitgefhl erregt. Die Schuld oder Schuldlosigkeit, welche Gthe in dieser Geschichte hat, gab namentlich in neuerer Zeit zu leidenschaftlichen Streitigkeiten Anla, und je nachdem man sich auf die eine oder auf die andere Seite schlug, fhlte man sich fr oder wider den ganzen Menschen gestimmt. Neben der Gthe-Literatur ist eine Friedericken-Literatur, sowohl in einzelnen Werkchen, als in Zeitungsartikeln, und die besonders in der Allgemeinen Leitung, entstanden. Auch den Namen des unglcklichen Dichters Lenz hat man dabei genannt; aber von Friederickes Vertheidigern ist mit Entschiedenheit jedes entehrende Verhltni zwischen Beiden abgewiesen worden. In allen Literaturgeschichten,[iv] wo von Lenz die Rede ist, wird von dessen Wahnsinne gesprochen, allein der wahren Quelle desselben nicht erwhnt. Nachfolgende Mittheilungen geben darber Aufschlu. Da Lenz, nach Gthes Abreise aus dem Elsae, nach Sesenheim kam, berhrt Gthe selbst; er sah Friedericke auf der Rckreise aus der Schweiz wieder und sagt von diesem Wiedersehen: Ich finde Friedericke Brion wenig verndert, noch so gut, liebevoll, zutraulich wie sonst, gefat und selbststndig. Der grte Theil der Unterhaltung war ber Lenzen. Dieser hatte sich nach meiner Abreise im Hause introducirt, von mir was nur mglich war, zu erfahren gesucht, bis sie endlich, da er sich die grte Mhe gab, meine Briefe zu sehen und zu erhaschen, mitrauisch geworden. Er hatte sich indessen nach seiner gewhnlichen Weise verliebt in sie gestellt, weil er glaubte, das sei der einzige Weg hinter die Geheimnisse der Mdchen zu kommen, und da sie nunmehr gewarnt, scheu seine Besuche ablehnt, und sich mehr zurckzieht, so treibt er es bis zu den lcherlichsten Demonstrationen des Selbstmords, da man ihn dann halbtoll erklren und nach der Stadt schaffen kann. Sie klrt mich ber die Absicht auf, die er gehabt[v] hat mir zu schaden, und mich in der ffentlichen Meinung und sonst zu Grunde zu richten, weshalb er denn auch damals die Farce gegen Wieland drucken lassen. Da Lenz von Friederickes Liebe berzeugt war, davon geben die Briefe an Salzmann genugsame Beweise; da er wegen ihrer wahnsinnig geworden, darber berichtet Oberlins Aufsatz. Ob Friedericke ihm ebenfalls geneigt war, oder ob er sich selbst getuscht und ihre Gegenliebe nur eine eingebildete war, das mge der Leser entscheiden. Wie hoch Lenz Gthe als Mensch und Dichter stellte, sagen seine Schriften. In Straburg besa ich ein Exemplar von Shakspeares Othello, welches Gthe Lenz zum Geschenke gemacht hatte; unter die hierauf bezglichen Worte Gthes, die also lauten: Seinem und Shakspeares wrdigem Freunde Lenz, Gthe, hatte Lenz geschrieben: Ewig, ewig bleibt mein Herze dein, mein lieber Gthe! und bei Gthes Abschied sang er: ......Buy Now (To Read More)

Product details

Ebook Number: 48148
Author: Goethe, Johann Wolfgang von
Release Date: Feb 3, 2015
Format: eBook
Language: German

Contributors

Contributor (Author): Lenz, Jakob Michael Reinhold, 1751-1792, Macpherson, James, 1736-1796
Editor: Stöber, August, 1808-1884