Der Krieg im Westen

Der Krieg im Westen

Das besetzte Frankreich ist heute Friede und Sonne. Der Zug fliegt dahin, sorglos und leicht, als ob er Vergngungsreisende an Bord habe, durch grne Tler und blhende Landschaften. Er hat nichts Martialisches mehr an sich. Vor Monaten keuchte und klirrte er, wie ein schwerer Krieger, der in die Schlacht geht, er rasselte wie Panzer und tastete sich zornig vorwrts. Heute ist er ein gutmtiger europischer D-Zug geworden, der unbekmmert seine Meilen abfhrt. Fern ist der Krieg. Auf den Hhen der Ardennen liegt die Sonne, die Luft schmeichelt, die junge Saat leuchtet. Die Felder sind bestellt, suberlich bunt wie ein Teppich. Nur da und dort liegt ein Acker grau und welk, vergessen und verdet, ungepflegt und stumpf, wie ein Mensch, der trauert. Man sieht ihn meilenweit! Was an Leuten zurckgeblieben ist und nicht vor dem Krieg entfloh, arbeitet in den Fluren. Es sind nur sprliche, dnne Trupps, die in der Sonne zerrinnen. Viele, die diese fruchtbare Erde gebar, sind fort, und viele kommen nicht wieder. Eine leise Beklommenheit liegt auf dem Lande. Halbwchsige Burschen, Frauen und Greise streuen die Saat und verrichten heuer jene Arbeit, die sonst den Krftigsten, Blhendsten und Erfahrensten zusteht. Hingegeben und ganz bei der Sache, voll heier Wnsche, denn das Brot ist kostbar, schreiten sie durch die cker und schwingen den Arm, mit jener schnen und freien Geste, die ein Symbol des Friedens und der Wiedergeburt ist. Der Pflug ist hinter den Kanonen hergekommen und nahm seine Arbeit wieder auf. Die Schtzengrben hier und da, wo der Krieg seine Zhne einschlug, sind lngst zugeschttet, Narben in der gemarterten Erde, und der Pflug geht darber. Bald wird sich das Korn hier wiegen und das Land wird vergessen. Verbrannte Huser und Drfer, im hellen Schrecken verlodert, erwecken heute, in der Sonne, in der summenden heien Luft, den Eindruck, als seien sie einem Schadenfeuer zum Opfer gefallen. Nicht anders sehen sie aus. Sie jammern und schreien nicht mehr wie im Herbst und Winter, wo sie ihre rauchgeschwrzten, verstmmelten Mauern in den Himmel streckten. Der Frhling deckt sie zu. Sie schweigen. Grn und Blten verhllen ihren Gram. Ein blhender Kirschbaum steht jung und schn, triumphierend inmitten der rauchgebeizten Trmmer einer Mhle, und Gras und Blumen sind dabei, die verbrannte Erde zurckzuerobern. Das Leben ist strker als der Tod und der liebe Gott lt sich nicht durch Granaten imponieren! Im November war ich im zerschossenen Longwy, alles war durchlchert, zerschmettert, verbrannt aber schon trieben die angekohlten Platanen des Kirchplatzes wieder starke grne Knospen. Herden von Rindern weiden friedlich im Gras, dem Geschft des Fressens hingegeben, und Vterchen htet sie, das alte nmliche franzsische Vterchen, mit Holzschuhen, einem verwilderten grauen Bart, hager und mit entzndeten Augen, die flache Mtze auf dem kahlen Schdel. Weidende Pferde, Stuten mit ihren Fllen. Eine glckliche Schwangerschaft hat sie vor schwerem Dienst bewahrt. ......Buy Now (To Read More)

Product details

Ebook Number: 67033
Author: Kellermann, Bernhard
Release Date: Dec 28, 2021
Format: eBook
Language: German
Publication Date: 1915
Publisher Country: Germany