Henriette, oder die schöne Sängerin: Eine Geschichte unserer Tage

Henriette, oder die schöne Sängerin: Eine Geschichte unserer Tage

Der vorliegende Text wurde anhand der 1826 erschienenen Buchausgabe so weit wie mglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Ungewhnliche, altertmliche sowie inkonsistente Schreibweisen bleiben gegenber dem Original unverndert. Passagen in franzsischer Sprache wurden dem Original entsprechend bernommen. Umlaute in Grobuchstaben (, , ) werden in deren Umschreibung dargestellt (Ae, Oe, Ue). Die Verwendung des scharfen s () weicht vom heutigen Gebrauch teilweise deutlich ab; dennoch wurde die Schreibweise des Originals beibehalten, sofern der Sinn des Textes dadurch nicht verloren geht. Passagen in Antiquaschrift werden im vorliegenden Text kursiv dargestellt. Abhngig von der im jeweiligen Lesegert installierten Schriftart knnen die im Original gesperrt gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl serifenlos als auch gesperrt erscheinen. Die Oper war zu Ende. Doch der rauschende Beifall, der die Talente der jungen Sngerin Henriette, die als neu engagirtes Mitglied zum erstenmal aufgetreten war, anerkennend ehren sollte, schien kein Ende nehmen zu wollen. Immer neu wiederholte sich das schallende Getse tausend bewegter Hnde, und dazwischen tnte der unablssige Ruf des Namens der Schnen. Endlich rollte der Vorhang wieder auf; die Holdselige erschien in aller der Anmuth, durch die sie den ganzen Abend ber entzckt hatte. Gegen den Lrmen, der sich jetzt erhob, war das vorige Getse eine Todtenstille zu nennen. Jeder berlie sich dem lautesten Ausbruch seines Entzckens. Die junge Sngerin allein kam nicht zu Worte, und mute mit stummen Verbeugungen zurcktreten; doch ihre vor Freude glnzenden[S. 2] Blicke sagten deutlich, was sie empfand. Allein fast noch deutlicher sprachen die Blicke smmtlicher jungen und alten Herren im Schauspiel; keiner, dem nicht der Liebesgott spttisch aus den Augen gesehen htte. Sogar der alte Feldmarschall von Rauwitsch, auf dessen unter Feldzgen ergrautem Haupt kaum noch einiges Haar zu zhlen war, sogar der schien noch im spten Alter von einem Pfeil getroffen worden zu seyn, gegen den er sich vielleicht zu sicher gepanzert glaubte. Denn nicht nur die Brust hatte er mit hartem Erz gegen Amors Schsse zu waffnen gesucht, nein, seine Vorsicht ging weiter, sogar das Gesicht, die Nase nicht ausgeschlossen, hatte er mit Bachus Hlfe, der in Kupfer besser zu arbeiten versteht, als Vulkan, mit einem purpurartigen Ueberzug jenes rthlichen Metalles gedeckt. Die Augen, um auch dort sicher zu seyn, hatte ihm derselbe gtige Gott Bachus verglasen helfen. Doch Amor, der Alliance spottend, war dennoch durchgedrungen; wie, das wissen die Gtter; allein unbezweifelt war es, denn der Adjutant hrte den Marschal im Heraustreten aus der Loge sagen: Drei Tage wollte ich keinen Pontac riechen, wenn ich einen Ku von[S. 3] dem kleinen Teufelskind dafr einhandeln knnte. Und einen hhern Schwur that er nie. Aehnlich war es dem Major Kegelino ergangen, der, auf dem Casino fast eingerostet, sich diesmal doch hatte berreden lassen, die Parthie zu versumen und die Oper zu vertrumen. Denn gehrt hatte er wahrscheinlich nichts, so hatte die junge reizende Sngerin ihn verblendet, ja betubt. Als er in den Wagen stieg, rief er dem Kutscher zu: Nach dem K Theater aus dem er nmlich eben kam; so beschftigte ihn der Gedanke, die auf den folgenden Tag angesetzte Wiederholung des Stcks ja nicht zu versumen. Doch der Kutscher, der wohl merkte, wie es mit dem Herrn stand, fuhr ihn in die L Strae vor sein Haus, und hatte die Absicht des Majors richtig errathen. ......Buy Now (To Read More)

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Ebook Number: 59229
Author: Rellstab, Ludwig
Release Date: Apr 8, 2019
Format: eBook
Language: German