Die Novellen um Claudia

Die Novellen um Claudia

Nicht doch, lieber Doktor, wehrte Claudia mit tiefer und sanfter Stimme, als er sich eifrig bereit erklrte, ihr die Sorge um die Garderobe abzunehmen, das hat James bereits getan; und wirklich nherte sich ihnen der livrierte noch junge Diener in gelbgrauem Rock und weien Hosen, die in Stulpstiefeln steckten, mit dem zartroten Abendmantel und den dnnen Schals seiner Herrin. Doktor Rohme stand in berzieher und hohem Hut ein wenig hilflos in diesem von Geschwtz widerhallenden Vorraum. Noch immer fhlte er unter allen Erregungen dieser kunsterfllten Abendstunden den Entschlu, gespannt und summend, eine tiefe Saite, der ihn heute hierher gefhrt hatte, zehnmal widerrufen und dennoch nicht aus dem Tatwerden gedrngt; und whrend Claudia sich von den knappen Bewegungen ihres Lakaien, die Gebtheit verrieten, einhllen lie, grbelte er, verkniffenen Mundes und mit abseits trumenden Augen, von den um ihre berkleider Kmpfenden gestoen und unfreundlich angesehen, ber jene bittere Wallung des Nicht-mehr-Ertragens, die ihn[9] gestern berfallen und heute hierher gestoen hatte, wie die See eine Qualle auf den Felsen wirft. Er hatte, von der Theateranzeige veranlat, in Goethes Gtz erst geblttert, dann mit Entsetzen gelesen, und Weislingens Schwanken zwischen dieser und jener Partei hatte ihn wie ein roher Schlag mitten ins Gesicht getroffen. Ekel und grauenvolle Verachtung gegen sich stieg ihm in den Hals dafr, da er seit drei Wochen die Notwendigkeit eingesehen hatte, Entscheidung und Klarheit in seine Beziehungen zu diesem Mdchen zu bringen, das er mit demtiger Sehnsucht liebte, ohne den Mut zum Entschlu zu finden. Denn augenscheinlich, nach der ruhig befreundeten Art ihres Benehmens, wute sie nicht im mindesten, wie unmglich er fr sie war. Sein Reinlichkeitsgefhl emprte sich; er kam sich beschmutzt vor, besudelte fast auch sie so hatte er sich die Qual dieser Vorstellung verordnet, und das Mittel hatte gewirkt. Noch heute abend alles beenden, sich vor ihr noch heute entblen, auf die Gefahr hin, fr immer entlassen und ins Dunkelkalte hinausgewiesen zu werden:[10] das war's, was nottat, und das war unlslich beschlossen. ......Buy Now (To Read More)

Product details

Ebook Number: 52478
Author: Zweig, Arnold
Release Date: Jul 2, 2016
Format: eBook
Language: German