Abnormitäten

Abnormitäten

Abnormitten, im allgemeinen mit der trivialen Bezeichnung Missgeburten belegt, haben stets als Schau-Objecte eine bedeutende Anziehungskraft auf das sog. grosse Publicum ausgebt, das in der Regel auch eine gewisse Befriedigung seiner Neugierde in dem gedankenlosen Anschauen derselben fand. Erst den letzten Decennien unseres Jahrhunderts war es vorbehalten, Schau-Objecte dieser Art auf das wissenschaftliche Gebiet zu berfhren, indem hervorragende rztliche Autoritten sie nicht selten als lebende Illustrationen zu ihren einschlgigen Vortrgen in den Hrslen der Kliniken vorstellten und dadurch auch das Interesse fr sie in weiter ausgedehnte Bahnen lenkten. Dass das nicht auch schon in frheren Zeiten geschehen ist, lag, abgesehen von allen Vorurtheilen, wohl mit in der, den besseren Kreisen weniger convenirenden Art und Weise des Auftretens resp. der Vorfhrung derselben, so dass selbst vorurtheilsfreie Mnner der Wissenschaft diesen usseren Umstnden gegenber ihre Gelehrtenscheu nicht ablegen wollten, nicht ablegen durften, wollten sie nicht aus dem Rahmen des Althergebrachten heraustreten und ihrer und der ffentlichen Meinung nach dadurch den ganzen Gelehrtenstand profaniren. Seit aber das ussere Wesen der Schaustellungen gegen frher einen ganz ungeahnten Aufschwung genommen hat, seit die Productionen der Fuss- und Rumpfknstler, wenn auch nicht im allgemeinen, so doch im besonderen, sich auf dem Gebiete der Artistik ein bedeutendes Terrain erobert, seit ferner ein C. H. Unthan als primus omnium an der Spitze der Fussknstler marschirt und ihr Bannertrger ist und die sog. Rumpfknstler in Kobelkoff einen[S. ii] ebenfalls nicht zu unterschtzenden Obmann haben, seit ferner vorurtheilsfreie Gelehrte ihre heilige Scheu abgelegt und Abnormitten nicht selten als Lehrmittel zu sich in ihre Hrsle emporhoben, seitdem hat auch das gesammte Publicum allmhlich gelernt, diesen, in gewisser Weise von der Natur vernachlssigten Menschgeborenen ein vorurtheilsfreieres Interesse entgegenzubringen. Ob sie aber das allgemeine Mitleid, das ihnen stets von den Besuchern gezollt wird, wirklich in Anspruch nehmen, das drfte doch fglich zu bezweifeln sein, wenn man diesem Mitleid z. B. Unthan's jovialen Ausspruch gegenberstellt: Wenn mir jetzt pltzlich Arme angezaubert wrden, ich wsste gar nicht, was ich mit den Dingern anfangen sollte! ......Buy Now (To Read More)

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Ebook Number: 64204
Author: Saltarino, Signor
Release Date: Jan 3, 2021
Format: eBook
Language: German