Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung und natürlichen Entwickelung

Die menschliche Familie nach ihrer Entstehung und natürlichen Entwickelung

Dem Buche, welches ich hiermit der ffentlichkeit bergebe, habe ich nur wenige Worte voranzusenden. Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der menschlichen Familie ist in den jngsten Jahren mehrfach errtert und selbst in populrer Weise dargestellt worden. Ernste Forscher haben sich damit beschftigt. Mein Buch, die Frucht langjhriger und eingehender Studien, wendet sich nun vornehmlich an die wissenschaftlichen Kreise und versucht mit Heranziehung besonders der vergleichenden Vlkerkunde die bisher vorgebrachten Meinungen zu sichten, auf ihre Stichhaltigkeit zu prfen und auf diesem Wege ein Gebude aufzurichten, welches dem dermaligen Stande unserer Kenntnisse sowohl von der Urzeit, als von der Gegenwart unseres Geschlechtes entspricht. Wenn in den verwickelten und in die mannigfachsten Gebiete einschlgigen Fragen, aus welchen die Geschichte der Familie sich zusammensetzt, der Ethnograph hauptschlich zum Worte kommt, so mge dies in der Studienrichtung des Verfassers einige Entschuldigung finden. Ich glaube dies um so sicherer erhoffen zu drfen, als eben die Vlkerkunde, deren wachsende Bedeutung deswegen immer allgemeiner anerkannt wird, den erklrenden Schlssel zu den meisten kulturgeschichtlichen Phnomenen und gesellschaftlichen Problemen verwahrt. Durch die leibliche und sittliche Verbindung von Persnlichkeiten der beiden Geschlechter zur Wiederherstellung des ganzen Menschen die Ehe entsteht die Familie. Denn mit jener Wiederherstellung des ganzen Menschen ist zugleich die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes gegeben und die drei Elemente der Familie: Vater, Mutter und Kinder sind in ihr bereits vollstndig vorausgesetzt. Die Familie ist darum der erste und engste Kreis, in welchem wir unser ganzes menschliches Wesen wiederfinden, uns in uns befriedigt und bei uns selbst daheim fhlen. Also spricht einer der bedeutendsten deutschen Kulturhistoriker, W. H. Riehl, in seinem Buche ber die Familie[1], und da er fast ausschliesslich den Kulturmenschen und insbesondere den deutschen Kulturmenschen im Auge hat, so ist seine Definition ziemlich unantastbar. Er fhrt indes fort: Sie ist die ursprnglichste, urlteste menschlich-sittliche Genossenschaft, zugleich eine allgemein menschliche; denn mit der Sprache und dem religisen Glauben finden wir die Familie bei allen Vlkern der Erde wieder.[2] Dem ist nun nicht so; nicht nur kennt die Vlkerkunde familienlose Menschenstmme, sondern bei vielen, welche wir nicht als familienlos[S. 2] bezeichnen mchten, tritt das, was man etwa mit starker Dehnung des Begriffes als Familie gelten lassen kann, unter sehr verschiedenen Formen auf, ja unter Formen, welche mitunter unseren heftigsten Abscheu erregen und gradezu das Gegenteil von der geheischten leiblichen und sittlichen Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechtes zu sein scheinen. Die Frage ist daher berechtigt, woher es kommt, dass uns Kulturmenschen der oben aufgestellte Begriff der Familie gewissermassen der einzig zulssige geworden und ob dem zu allen Zeiten so gewesen sei? Darin liegt aber die stillschweigende Anerkennung, dass auch die Familie, dieser Eckpfeiler unserer Gesittung und sozialen Anschauungen, kein Unwandelbares, weder eine gttliche Einrichtung, noch ein allgemein menschliches Bedrfnis sei. ber Ursprung und Entwicklung dieser allerwichtigsten unserer gesellschaftlichen Institute sollen nun die nachstehenden Bltter Ergebnisse langjhriger ethnographischer Forschungen einigen Aufschluss gewhren. ......Buy Now (To Read More)

Product details

Ebook Number: 53025
Author: Hellwald, Friedrich von
Release Date: Sep 10, 2016
Format: eBook
Language: German