Neue Gedichte

Neue Gedichte FRHER APOLLO Wie manches Mal durch das noch unbelaubte Gezweig ein Morgen durchsieht, der schon...
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Author: Rilke, Rainer Maria,1875-1926
Format: eBook
Language: German
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Author: Rilke, Rainer Maria,1875-1926
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FRHER APOLLO Wie manches Mal durch das noch unbelaubte Gezweig ein Morgen durchsieht, der schon ganz im Frhling ist: so ist in seinem Haupte nichts, was verhindern knnte, da der Glanz aller Gedichte uns fast tdlich trfe; denn noch kein Schatten ist in seinem Schaun, zu khl fr Lorbeer sind noch seine Schlfe, und spter erst wird aus den Augenbraun hochstmmig sich der Rosengarten heben, aus welchem Bltter, einzeln, ausgelst hintreiben werden auf des Mundes Beben, der jetzt noch still ist, niegebraucht und blinkend und nur mit seinem Lcheln etwas trinkend, als wrde ihm sein Singen eingeflt. MDCHENKLAGE Diese Neigung, in den Jahren, da wir alle Kinder waren, viel allein zu sein, war mild; andern ging die Zeit im Streite, und man hatte seine Seite, seine Nhe, seine Weite, einen Weg, ein Tier, ein Bild. Und ich dachte noch, das Leben hrte niemals auf zu geben, da man sich in sich besinnt. Bin ich in mir nicht im Grten? Will mich meines nicht mehr trsten und verstehen wie als Kind? Pltzlich bin ich wie verstoen, und zu einem bergroen wird mir diese Einsamkeit, wenn, auf meiner Brste Hgeln stehend, mein Gefhl nach Flgeln oder einem Ende schreit. LIEBESLIED Wie soll ich meine Seele halten, da sie nicht an deine rhrt? Wie soll ich sie hinheben ber dich zu andern Dingen? Ach gerne mcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrhrt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Spieler hat uns in der Hand? O ses Lied. ERANNA AN SAPPHO O du wilde weite Werferin: Wie ein Speer bei andern Dingen lag ich bei den Meinen. Dein Erklingen warf mich weit. Ich wei nicht, wo ich bin. Mich kann keiner wiederbringen. Meine Schwestern denken mich und weben, und das Haus ist voll vertrauter Schritte. Ich allein bin fern und fortgegeben, und ich zittere wie eine Bitte; denn die schne Gttin in der Mitte ihrer Mythen glht und lebt mein Leben. SAPPHO AN ERANNA Unruh will ich ber dich bringen, schwingen will ich dich, umrankter Stab. Wie das Sterben will ich dich durchdringen und dich weitergeben wie das Grab an das Alles: allen diesen Dingen. SAPPHO AN ALKAOS FRAGMENT Und was httest du mir denn zu sagen, und was gehst du meine Seele an, wenn sich deine Augen niederschlagen vor dem nahen Nichtgesagten? Mann, sieh, uns hat das Sagen dieser Dinge hingerissen und bis in den Ruhm. Wenn ich denke: unter euch verginge drftig unser ses Mdchentum, welches wir, ich Wissende und jene mit mir Wissenden, vom Gott bewacht, trugen unberhrt, da Mytilene wie ein Apfelgarten in der Nacht duftete vom Wachsen unsrer Brste. Ja, auch dieser Brste, die du nicht whltest wie zu Fruchtgewinden, Freier mit dem weggesenkten Angesicht. Geh und la mich, da zu meiner Leier komme, was du abhltst: alles steht. Dieser Gott ist nicht der Beistand zweier, aber wenn er durch den einen geht GRABMAL EINES JUNGEN MDCHENS Wir gedenkens noch. Das ist, als mte alles dieses einmal wieder sein. Wie ein Baum an der Limonenkste trugst du deine kleinen leichten Brste in das Rauschen seines Bluts hinein: jenes Gottes. Und es war der schlanke Flchtling, der Verwhnende der Fraun. S und glhend, warm wie dein Gedanke, berschattend deine frhe Flanke und geneigt wie deine Augenbraun. OPFER O wie blht mein Leib aus jeder Ader duftender, seitdem ich dich erkenn; sieh, ich gehe schlanker und gerader, und du wartest nur: wer bist du denn? Sieh: ich fhle, wie ich mich entferne, wie ich Altes, Blatt um Blatt, verlier. Nur dein Lcheln steht wie lauter Sterne ber dir und bald auch ber mir. Alles was durch meine Kinderjahre namenlos noch und wie Wasser glnzt, will ich nach dir nennen am Altre, der entzndet ist von deinem Haare und mit deinen Brsten leicht bekrnzt. STLICHES TAGLIED Ist dieses Bette nicht wie eine Kste, ein Kstenstreifen nur, darauf wir liegen? Nichts ist gewi als deine hohen Brste, die mein Gefhl in Schwindeln berstiegen. Denn diese Nacht, in der so vieles schrie, in der sich Tiere rufen und zerreien, ist sie uns nicht entsetzlich fremd? Und wie: was drauen langsam anhebt, Tag geheien, ist das uns denn verstndlicher als sie? Man mte so sich ineinanderlegen wie Bltenbltter um die Staubgefe: so sehr ist berall das Ungeme und huft sich an und strzt sich uns entgegen. Doch whrend wir uns aneinanderdrcken, um nicht zu sehen, wie es ringsum naht, kann es aus dir, kann es aus mir sich zcken: denn unsre Seelen leben von Verrat. ABISAG I Sie lag. Und ihre Kinderarme waren von Dienern um den Welkenden gebunden, auf dem sie lag die sen langen Stunden, ein wenig bang vor seinen vielen Jahren. Und manchmal wandte sie in seinem Barte ihr Angesicht, wenn eine Eule schrie; und alles, was die Nacht war, kam und scharte mit Bangen und Verlangen sich um sie. Die Sterne zitterten wie ihresgleichen, der Duft ging suchend durch das Schlafgemach, der Vorhang rhrte sich und gab ein Zeichen, und leise ging ihr Blick dem Zeichen nach. Aber sie hielt sich an dem dunkeln Alten, und, von der Nacht der Nchte nicht erreicht, lag sie auf seinem frstlichen Erkalten jungfrulich und wie eine Seele leicht. II Der Knig sa und sann den leeren Tag getaner Taten, ungefhlter Lste und seiner Lieblingshndin, der er pflag. Aber am Abend wlbte Abisag sich ber ihm. Sein wirres Leben lag verlassen wie verrufne Meereskste unter dem Sternbild ihrer stillen Brste. Und manchmal, als ein Kundiger der Frauen, erkannte er durch seine Augenbrauen den unbewegten, ksselosen Mund; und sah: ihres Gefhles grne Rute neigte sich nicht herab zu seinem Grund. Ihn frstelte. Er horchte wie ein Hund und suchte sich in seinem letzten Blute. DAVID SINGT VOR SAUL I Knig, hrst du, wie mein Saitenspiel Fernen wirft, durch die wir uns bewegen? Sterne treiben uns verwirrt entgegen, und wir fallen endlich wie ein Regen, und es blht, wo dieser Regen fiel. Mdchen blhen, die du noch erkannt, die jetzt Frauen sind und mich verfhren; den Geruch der Jungfraun kannst du spren, und die Knaben stehen, angespannt schlank und atmend, an verschwiegnen Tren. Da mein Klang dir alles wiederbrchte. Aber trunken taumelt mein Getn: Deine Nchte, Knig, deine Nchte, und wie waren, die dein Schaffen schwchte, o wie waren alle Leiber schn. Dein Erinnern glaub ich zu begleiten, weil ich ahne. Doch auf welchen Saiten greif ich dir ihr dunkles Lustgesthn? II Knig, der du alles dieses hattest und der du mit lauter Leben mich berwltigest und berschattest: komm aus deinem Throne und zerbrich meine Harfe, die du so ermattest. Sie ist wie ein abgenommner Baum: durch die Zweige, die dir Frucht getragen, schaut jetzt eine Tiefe wie von Tagen, welche kommen, und ich kenn sie kaum. La mich nicht mehr bei der Harfe schlafen; sich dir diese Knabenhand da an: glaubst du, Knig, da sie die Oktaven eines Leibes noch nicht greifen kann? III Knig, birgst du dich in Finsternissen, und ich hab dich doch in der Gewalt. Sieh, mein festes Lied ist nicht gerissen, und der Raum wird um uns beide kalt. Mein verwaistes Herz und dein verworrnes hngen in den Wolken deines Zornes, wtend ineinander eingebissen und zu einem einzigen verkrallt. Fhlst du jetzt, wie wir uns umgestalten? Knig, Knig, das Gewicht wird Geist. Wenn wir uns nur aneinanderhalten, du am Jungen, Knig, ich am Alten, sind wir fast wie ein Gestirn, das kreist. JOSUAS LANDTAG So wie der Strom am Ausgang seine Dmme durchbricht mit seiner Mndung berma, so brach nun durch die ltesten der Stimme zum letztenmal die Stimme Josuas. Wie waren die geschlagen, welche lachten, wie hielten alle Herz und Hnde an, als hbe sich der Lrm von dreiig Schlachten in einem Mund; und dieser Mund begann. Und wieder waren Tausende voll Staunen wie an dem groen Tag vor Jericho, nun aber waren in ihm die Posaunen, und ihres Lebens Mauern schwankten so, da sie sich wlzten, von Entsetzen trchtig und wehrlos schon und berwltigt, eh sie's noch gedachten, wie er eigenmchtig zu Gibeon die Sonne anschrie: Steh! Und Gott ging hin, erschrocken wie ein Knecht, und hielt die Sonne, bis ihm seine Hnde wehtaten, ob dem schlachtenden Geschlecht, nur weil da einer wollte, da sie stnde. Und das war dieser; dieser Alte wars, von dem sie meinten, da er nicht mehr gelte inmitten seines hundertzehnten Jahrs. Da stand er auf und brach in ihre Zelte. Er ging wie Hagel nieder ber Halmen. Was wollt ihr Gott versprechen? Ungezhlt stehn um euch Gtter, wartend, da ihr whlt. Doch wenn ihr whlt, wird euch der Herr zermalmen. Und dann, mit einem Hochmut ohnegleichen: Ich und mein Haus, wir bleiben ihm vermhlt. Da schrien sie alle: Hilf uns, gib ein Zeichen und strke uns zu unsrer schweren Wahl. Aber sie sahn ihn, wie seit Jahren schweigend, zu seiner festen Stadt am Berge steigend; und dann nicht mehr. Es war das letzte Mal. DER AUSZUG DES VERLORENEN SOHNES NUN fortzugehn von alle dem Verworrnen, das unser ist und uns doch nicht gehrt, das, wie das Wasser in den alten Bornen, uns zitternd spiegelt und das Bild zerstrt; von allem diesen, das sich wie mit Dornen noch einmal an uns anhngtfortzugehn und Das und Den, die man schon nicht mehr sah (so tglich waren sie und so gewhnlich), auf einmal anzuschauen: sanft, vershnlich und wie an einem Anfang und von nah und ahnend einzusehn, wie unpersnlich, wie ber alle hin das Leid geschah, von dem die Kindheit voll war bis zum Rand: Und dann doch fortzugehen, Hand aus Hand, als ob man ein Geheiltes neu zerrisse, und fortzugehn: wohin? Ins Ungewisse, weit in ein unverwandtes warmes Land, das hinter allem Handeln wie Kulisse gleichgltig sein wird: Garten oder Wand; und fortzugehn: warum? Aus Drang, aus Artung, aus Ungeduld, aus dunkler Erwartung, aus Unverstndlichkeit und Unverstand: Dies alles auf sich nehmen und vergebens vielleicht Gehaltnes fallen lassen, um allein zu sterben, wissend nicht warum Ist das der Eingang eines neuen Lebens? DER LBAUMGARTEN Er ging hinauf unter dem grauen Laub ganz grau und aufgelst im lgelnde und legte seine Stirne voller Staub tief in das Staubigsein der heien Hnde. Nach allem dies. Und dieses war der Schlu. Jetzt soll ich gehen, whrend ich erblinde, und warum willst Du, da ich sagen mu, Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde. Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein. Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein. Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein. Ich bin allein mit aller Menschen Gram, den ich durch Dich zu lindern unternahm, der Du nicht bist, namenlose Scham... Spter erzhlte man: ein Engel kam. Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht und bltterte gleichgltig in den Bumen. Die Jnger rhrten sich in ihren Trumen. Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht. Die Nacht, die kam, war keine ungemeine; so gehen hunderte vorbei. Da schlafen Hunde, und da liegen Steine. Ach eine traurige, ach irgendeine, die wartet, bis es wieder Morgen sei. Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern, und Nchte werden nicht um solche gro. Die Sich-Verlierenden lt alles los, und sie sind preisgegeben von den Vtern und ausgeschlossen aus der Mtter Scho. PIET So seh ich, Jesus, deine Fe wieder, O die damals eines Jnglings Fe waren, da ich sie bang entkleidete und wusch; wie standen sie verwirrt in meinen Haaren und wie ein weies Wild im Dornenbusch. So seh ich deine niegeliebten Glieder zum erstenmal in dieser Liebesnacht. Wir legten uns noch nie zusammen nieder, und nun wird nur bewundert und gewacht. Doch, siehe, deine Hnde sind zerrissen: Geliebter, nicht von mir, von meinen Bissen. Dein Herz steht offen, und man kann hinein: das htte drfen nur mein Eingang sein. Nun bist du mde, und dein mder Mund hat keine Lust zu meinem wehen Munde. O Jesus, Jesus, wann war unsre Stunde? Wie gehn wir beide wunderlich zugrund. GESANG DER FRAUEN AN DEN DICHTER Sieh, wie sich alles auftut: so sind wir; denn wir sind nichts als solche Seligkeit. Was Blut und Dunkel war in einem Tier, das wuchs in uns zur Seele an und schreit als Seele weiter. Und es schreit nach dir. Du freilich nimmst es nur in dein Gesicht, als sei es Landschaft: sanft und ohne Gier. Und darum meinen wir, du bist es nicht, nach dem es schreit. Und doch, bist du nicht der, an den wir uns ganz ohne Rest verlren? Und werden wir in irgendeinem mehr? Mit uns geht das Unendliche vorbei. Du aber sei, du Mund, da wir es hren, du aber, du Uns-Sagender: du sei. DER TOD DES DICHTERS Er lag. Sein aufgestelltes Antlitz war bleich und verweigernd in den steilen Kissen, seitdem die Welt und dieses von ihr Wissen, von seinen Sinnen abgerissen, zurckfiel an das teilnahmslose Jahr. Die, so ihn leben sahen, wuten nicht, wie sehr er eines war mit allem diesen, denn dieses: diese Tiefen, diese Wiesen und diese Wasser waren sein Gesicht. O sein Gesicht war diese ganze Weite, die jetzt noch zu ihm will und um ihn wirbt; und seine Maske, die nun bang verstirbt, ist zart und offen wie die Innenseite von einer Frucht, die an der Luft verdirbt. BUDDHA Als ob er horchte. Stille: eine Ferne.... Wir halten ein und hren sie nicht mehr. Und er ist Stern. Und andre groe Sterne, die wir nicht sehen, stehen um ihn her. O er ist alles. Wirklich, warten wir, da er uns she? Sollte er bedrfen? Und wenn wir hier uns vor ihm niederwrfen, er bliebe tief und trge wie ein Tier. Denn das, was uns zu seinen Fen reit, das kreist in ihm seit Millionen Jahren. Er, der vergit, was wir erfahren, und der erfahrt, was uns verweist. L'ANGE DU MRIDIEN CHARTRES Im Sturm, der um die starke Kathedrale wie ein Verneiner strzt, der denkt und denkt, fhlt man sich zrtlicher mit einem Male von deinem Lcheln zu dir hingelenkt: lchelnder Engel, fhlende Figur, mit einem Mund, gemacht aus hundert Munden: gewahrst du gar nicht, wie dir unsre Stunden abgleiten von der vollen Sonnenuhr, auf der des Tages ganze Zahl zugleich, gleich wirklich, steht in tiefem Gleichgewichte, als wren alle Stunden reif und reich? Was weit du, Steinerner, von unserm Sein? und hltst du mit noch seligerm Gesichte vielleicht die Tafel in die Nacht hinein? DIE KATHEDRALE In jenen kleinen Stdten, wo herum die alten Huser wie ein Jahrmarkt hocken, der sie bemerkt hat pltzlich und erschrocken die Buden zumacht und ganz zu und stumm, die Schreier still, die Trommeln angehalten, zu ihr hinaufhorcht aufgeregten Ohrs: dieweil sie ruhig immer in dem alten Faltenmantel ihrer Contreforts dasteht und von den Husern gar nicht wei: in jenen kleinen Stdten kannst du sehn, wie sehr entwachsen ihrem Umgangskreis die Kathedralen waren. Ihr Erstehn ging ber alles fort, so wie den Blick des eignen Lebens viel zu groe Nhe fortwhrend bersteigt und als geschhe nichts anderes; als wre das Geschick, was sich in ihnen aufhuft ohne Maen, versteinert und zum Dauernden bestimmt, nicht das, was unten in den dunkeln Straen vom Zufall irgendwelche Namen nimmt und darin geht, wie Kinder Grn und Rot und was der Krmer hat als Schrze tragen. Da war Geburt in diesen Unterlagen, und Kraft und Andrang war in diesem Ragen und Liebe berall wie Wein und Brot, und die Portale voller Liebesklagcn. Das Leben zgerte Im Stundenschlagen, und in den Trmen, welche voll Entsagen auf einmal nicht mehr stiegen, war der Tod. DAS PORTAL I Da blieben sie, als wre jene Flut zurckgetreten, deren groes Branden an diesen Steinen wusch, bis sie entstanden; sie nahm im Fallen manches Attribut aus ihren Hnden, welche viel zu gut und gebend sind, um etwas festzuhalten. Sie blieben, von den Formen in Basalten durch einen Nimbus, einen Bischofshut, bisweilen durch ein Lcheln unterschieden, fr das ein Antlitz seiner Stunden Frieden bewahrt hat als ein stilles Zifferblatt; jetzt fortgerckt ins Leere ihres Tores, waren sie einst die Muschel eines Ohres und fingen jedes Sthnen dieser Stadt. II Sehr viele Weite ist gemeint damit: so wie mit den Kulissen einer Szene die Welt gemeint ist; und so wie durch jene der Held im Mantel seiner Handlung tritt: so tritt das Dunkel dieses Tores handelnd auf seiner Tiefe tragisches Theater, so grenzenlos und wallend wie Gott-Vater und so wie Er sich wunderlich verwandelnd in einen Sohn, der aufgeteilt ist hier auf viele kleine beinah stumme Rollen, genommen aus des Elends Zubehr. Denn nur noch so entsteht (das wissen wir) aus Blinden, Fortgeworfenen und Tollen der Heiland wie ein einziger Akteur. III So ragen sie, die Herzen angehalten (sie stehn auf Ewigkeit und gingen nie); nur selten tritt aus dem Gefll der Falten eine Gebrde, aufrecht, steil wie sie, und bleibt nach einem halben Schritte stehn, wo die Jahrhunderte sie berholen. Sie sind im Gleichgewicht auf den Konsolen, in denen eine Welt, die sie nicht sehn, die Welt der Wirrnis, die sie nicht zertraten, Figur und Tier, wie um sie zu gefhrden, sich krmmt und schttelt und sie dennoch hlt: weil die Gestalten dort wie Akrobaten sich nur so zuckend und so wild gebrden, damit der Stab auf ihrer Stirn nicht fllt. DIE FENSTERROSE Da drin: das trge Treten ihrer Tatzen macht eine Stille, die dich fast verwirrt; und wie dann pltzlich eine von den Katzen den Blick an ihr, der hin und wieder irrt, gewaltsam in ihr groes Auge nimmt, den Blick, der wie von eines Wirbels Kreis ergriffen, eine kleine Weile schwimmt und dann versinkt und nichts mehr von sich wei, wenn dieses Auge, welches scheinbar ruht, sich au auftut und zusammenschlgt mit Tosen und ihn hineinreit bis ins rote Blut: so griffen einstmals aus dem Dunkelsein der Kathedralen groe Fensterrosen ein Herz und rissen es in Gott hinein. DAS KAPITL Wie sich aus eines Traumes Ausgeburten aufsteigend aus verwirrendem Gequl der nchste Tag erhebt,so gehn die Gurten der Wlbung aus dem wirren Kapitl und lassen drin, gedrngt und rtselhaft verschlungen, flgelschlagende Geschpfe: ihr Zgern und das Pltzliche der Kpfe und jene starken Bltter, deren Saft wie Jhzorn steigt, sich schlielich berschlagend in einer schnellen Geste, die sich ballt und sich heraushlt: alles aufwrtsjagend, was immer wieder mit dem Dunkel kalt herunterfllt, wie Regen Sorge tragend fr dieses alten Wachstums Unterhalt. GOTT IM MITTELALTER Und sie hatten ihn in sich erspart, und sie wollten, da er sei und richte, und sie hngten schlielich wie Gewichte (zu verhindern seine Himmelfahrt) an ihn ihrer groen Kathedralen Last und Masse. Und er sollte nur ber seine grenzenlosen Zahlen zeigend kreisen und wie eine Uhr Zeichen geben ihrem Tun und Tagwerk. Aber pltzlich kam er ganz in Gang, und die Leute der entsetzten Stadt lieen ihn, vor seiner Stimme bang, weitergehn mit ausgehngtem Schlagwerk und entflohn vor seinem Zifferblatt. MORGUE Da liegen sie bereit, als ob es glte, nachtrglich eine Handlung zu erfinden, die miteinander und mit dieser Klte sie zu vershnen wei und zu verbinden; denn das ist alles noch wie ohne Schlu. Was fr ein Name htte in den Taschen sich finden sollen? An dem berdru um ihren Mund hat man herumgewaschen; er ging nicht ab; er wurde nur ganz rein. Die Brte stehen, noch ein wenig hrter, doch ordentlicher im Geschmack der Wrter, nur um die Gaffenden nicht anzuwidern. Die Augen haben hinter ihren Lidern sich umgewandt und schauen jetzt hinein. DER GEFANGENE I Meine Hand hat nur noch eine Gebrde, mit der sie verscheucht; auf die alten Steine fllt es aus Felsen feucht. Ich hre nur dieses Klopfen, und mein Herz hlt Schritt mit dem Gehen der Tropfen und vergeht damit. Tropften sie doch schneller, kme doch wieder ein Tier. Irgendwo war es heller. Aber was wissen wir. II Denk dir, das was jetzt Himmel ist und Wind, Luft deinem Mund und deinem Auge Helle, das wrde Stein bis um die kleine Stelle, an der dein Herz und deine Hnde sind. Und was jetzt in dir morgen heit und: dann und: spterhin und nchstes Jahr und weiter das wrde wund in dir und voller Eiter und schwre nur und brche nicht mehr an. Und das was war, das wre irre und raste in dir herum, den lieben Mund, der niemals lachte, schumend von Gelchter. Und das was Gott war, wre nur dein Wchter und stopfte boshaft in das letzte Loch ein schmutziges Auge. Und du lebtest doch. DER PANTHER IM JARDIN DES PLANTES, PARIS Sein Blick ist vom Vorbergehn der Stbe so md geworden, da er nichts mehr hlt. Ihm ist, als ob es tausend Stbe gbe und hinter tausend Stben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betubt ein groer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille und hrt im Herzen auf zu sein. DIE GAZELLE ANTILOPE DORCAS Verzauberte: wie kann der Einklang zweier erwhlter Worte je den Reim erreichen, der in dir kommt und geht, wie auf ein Zeichen. Aus deiner Stirne steigen Laub und Leier, und alles Deine geht schon im Vergleich durch Liebeslieder, deren Worte, weich wie Rosenbltter, dem, der nicht mehr liest, sich auf die Augen legen, die er schliet, um dich zu sehen: hingetragen, als wre mit Sprngen jeder Lauf geladen und schsse nur nicht ab, solang der Hals das Haupt ins Horchen hlt: wie wenn beim Baden im Wald die Badende sich unterbricht, den Waldsee im gewendeten Gesicht. DAS EINHORN Der Heilige hob das Haupt, und das Gebet fiel wie ein Helm zurck von seinem Haupte: denn lautlos nahte sich das niegeglaubte, das weie Tier, das wie eine geraubte hilflose Hindin mit den Augen fleht. Der Beine elfenbeinernes Gestell bewegte sich in leichten Gleichgewichten, ein weier Glanz glitt selig durch das Fell, und auf der Tierstirn, auf der stillen, lichten, stand, wie ein Turm im Mond, das Horn so hell, und jeder Schritt geschah, es aufzurichten. Das Maul mit seinem rosagrauen Flaum war leicht gerafft, so da ein wenig Wei (weier als alles) von den Zhnen glnzte; die Nstern nahmen auf und lechzten leis. Doch seine Blicke, die kein Ding begrenzte, warfen sich Bilder in den Raum und schlssen einen blauen Sagenkreis. SANKT SEBASTIAN Wie ein Liegender so steht er; ganz hingehalten von dem groen Willen. Weit entrckt wie Mtter, wenn sie stillen, und in sich gebunden wie ein Kranz. Und die Pfeile kommen: jetzt und jetzt und als sprngen sie aus seinen Lenden, eisern bebend mit den freien Enden. Doch er lchelt dunkel, unverletzt. Einmal nur wird eine Trauer gro, und die Augen liegen schmerzlich blo, bis sie etwas leugnen, wie Geringes, und als lieen sie verchtlich los die Vernichter eines schnen Dinges. DER STIFTER Das war der Auftrag an die Malergilde. Vielleicht da ihm der Heiland nie erschien; vielleicht trat auch kein heiliger Bischof milde an seine Seite wie in diesem Bilde und legte leise seine Hand auf ihn. Vielleicht war dieses alles: so zu knien (so wie es alles ist, was wir erfuhren): zu knien: da man die eigenen Konturen, die auswrtswollenden, ganz angespannt im Herzen hlt, wie Pferde in der Hand. Da, wenn ein Ungeheueres geschhe, das nicht versprochen ist und nieverbrieft, wir hoffen knnten, da es uns nicht she und nher kme, ganz in unsre Nhe, mit sich beschftigt und in sich vertieft. DER ENGEL Mit einem Neigen seiner Stirne weist er weit von sich, was einschrnkt und verpflichtet; denn durch sein Herz geht riesig aufgerichtet das ewig Kommende, das kreist. Die tiefen Himmel stehn ihm voll Gestalten, und jede kann ihm rufen: komm, erkenn. Gib seinen leichten Hnden nichts zu halten aus deinem Lastenden. Sie kmen denn bei Nacht zu dir, dich ringender zu prfen, und gingen wie Erzrnte durch das Haus und griffen dich, als ob sie dich erschfen, und brchen dich aus deiner Form heraus. RMISCHE SARKOPHAGE Was aber hindert uns zu glauben, da (so wie wir hingestellt sind und verteilt) nicht eine kleine Zeit nur Drang und Ha und dies Verwirrende in uns verweilt, wie einst in dem verzierten Sarkophag bei Ringen, Gtterbildern, Glsern, Bndern, in langsam sich verzehrenden Gewndern ein langsam Aufgelstes lag bis es die unbekannten Munde schluckten, die niemals reden. (Wo besteht und denkt ein Hirn, um ihrer einst sich zu bedienen?) Da wurde von den alten Aqudukten ewiges Wasser in sie eingelenkt: das spiegelt jetzt und geht und glnzt in ihnen. DER SCHWAN Diese Mhsal, durch noch Ungetanes schwer und wie gebunden hinzugehn, gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes. Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen jenes Grunds, auf dem wir tglich stehn, seinem ngstlichen Sich-Niederlassen: in die Wasser, die ihn sanft empfangen und die sich, wie glcklich und vergangen, unter ihm zurckziehn, Flut um Flut; whrend er unendlich still und sicher immer mndiger und kniglicher und gelassener zu ziehn geruht. KINDHEIT Es wre gut viel nachzudenken, um von so Verlornem etwas auszusagen, von jenen langen Kindheit-Nachmittagen, die so nie wiederkamenund warum? Noch mahnt es uns: vielleicht in einem Regnen, aber wir wissen nicht mehr, was das soll; nie wieder war das Leben von Begegnen, von Wiedersehn und Weitergehn so voll wie damals, da uns nichts geschah als nur, was einem Ding geschieht und einem Tiere: da lebten wir, wie Menschliches, das Ihre und wurden bis zum Rande voll Figur. Und wurden so vereinsamt wie ein Hirt und so mit groen Fernen berladen und wie von weit berufen und berhrt und langsam wie ein langer neuer Faden in jene Bilderfolgen eingefhrt, in welchen nun zu dauern uns verwirrt. DER DICHTER Du entfernst dich von mir, du Stunde. Wunden schlgt mir dein Flgelschlag. Allein: was soll ich mit meinem Munde? mit meiner Nacht? mit meinem Tag? Ich habe keine Geliebte, kein Haus, keine Stelle, auf der ich lebe. Alle Dinge, an die ich mich gebe, werden reich und geben mich aus. DIE SPITZE I Menschlichkeit: Namen schwankender Besitze, noch unbesttigter Bestand von Glck: ist das unmenschlich, da zu dieser Spitze, zu diesem kleinen dichten Spitzenstck zwei Augen wurden?Willst du sie zurck? Du Langvergangene und schlielich Blinde, ist deine Seligkeit in diesem Ding, zu welcher hin, wie zwischen Stamm und Rinde, dein groes Fhlen, kleinverwandelt, ging? Durch einen Ri im Schicksal, eine Lcke entzogst du deine Seele deiner Zeit; und sie ist so in diesem lichten Stcke, da es mich lcheln macht vor Ntzlichkeit. II Und wenn uns eines Tages dieses Tun und was an uns geschieht gering erschiene und uns so fremd, als ob es nicht verdiene, da wir so mhsam aus den Kinderschuhn um seinetwillen wachsen: Ob die Bahn vergilbter Spitze, diese dichtgefgte blumige Spitzenbahn, dann nicht gengte, uns hier zu halten? Sieh: sie ward getan. Ein Leben ward vielleicht verschmht, wer wei? Ein Glck war da und wurde hingegeben, und endlich wurde doch, um jeden Preis, dies Ding daraus, nicht leichter als das Leben und doch vollendet und so schn, als sei's nicht mehr zu frh, zu lcheln und zu schweben. EIN FRAUENSCHICKSAL So wie der Knig auf der Jagd ein Glas ergreift, daraus zu trinken, irgendeines, und wie hernach der, welcher es besa, es fortstellt und verwahrt, als wr es keines: so hob vielleicht das Schicksal, durstig auch, bisweilen Eine an den Mund und trank, die dann ein kleines Leben, viel zu bang sie zu zerbrechen, abseits vom Gebrauch hinstellte in die ngstliche Vitrine, in welcher seine Kostbarkeiten sind (oder die Dinge, die fr kostbar gelten). Da stand sie fremd wie eine Fortgeliehne un ......Buy Now (To Read More)

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Ebook Number: 33863
Author: Rilke, Rainer Maria
Release Date: Oct 15, 2010
Format: eBook
Language: German

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